Der Film „Terror“, am 17.10.16 in der ARD (Arbeitsgemeinschaft zur Rettung der Dummheit) ausgestrahlt, wurde folgendermaßen beworben:
Darf man 164 Menschen töten, um 70.000 zu retten? Das Gericht steht vor einer schweren Entscheidung. Durfte der Kampfpilot Lars Koch eine Lufthansa-Maschine abschießen, um zu verhindern, dass ein Terrorist das Flugzeug auf die vollbesetzte Allianz Arena stürzen lässt? Weil es keinen Befehl gab und er sich eigenmächtig über geltendes Recht hinwegsetzte, muss sich der 31-Jährige jetzt verantworten. Für den Familienvater ist klar, dass er als Soldat im Kampf gegen den Terrorismus nicht anders handeln konnte. Doch ist Lars Koch ein Held oder ein Mörder? Darüber verhandelt die große Strafkammer des Schwurgerichts Berlin.
Schuld oder Unschuld? Ihre Meinung ist gefragt!
Multimediale Abstimmung bei „hart aber fair“:
Im Anschluss an die Schlussplädoyers ist allerdings nicht das Gericht, sondern der Zuschauer in einer multimedialen Abstimmung aufgefordert, über Schuld oder Unschuld zu urteilen. Im Rahmen eines Themenabends diskutiert im Anschluss an die Urteilsverkündung in einem von Frank Plasberg moderierten „hart aber fair“-Spezial eine Expertenrunde über die Entscheidung des Publikums sowie über die ethischen und juristischen Grundlagen des Falls, der in Anbetracht der Ereignisse der letzten Monate an erschreckender Aktualität gewonnen hat.
Die Zuschauer haben abgestimmt und das Ergebnis lautet:
13,1 % plädiert für schuldig
86,9 % plädiert für nicht schuldig
Mein Kommentar: Das Ergebnis der Abstimmung in der Schweiz führte zu ähnlichen Ergebnissen. Das Ergebnis in Österreich war, bis auf die Kommastelle, dem deutschen gleich. (Großdeutsche Identität?) Meine akademischen Freunde waren irritiert, als ich das Ergebnis empörend fand: 164 gegen 70 000, da sei doch kein Zögern möglich. Aber: Dass hier kein ethisches Abwägen stattfand, sondern ein Zahlenvergleich, interessierte niemand. Schon wenn man bei der Zahlenspielerei bleibt, zeigen sich Unklarheiten. a) Woher die Gewissheit, dass das Stadion von den Terroristen angepeilt werde? b) Wieso durften die Passagiere nicht selber entscheiden, was zu tun sei? c) Woher die Sicherheit, dass 70 000 Menschen sterben würden? d) Was wäre, wenn von den 70 000 nur 200 stürben? e) Was, wenn es nur 163 wären?
Der Freispruch durch die 86,9 % bedeutet eine ethische und rechtliche Katastrophe: Wenn nach dem kategorischen Imperativ diese Entscheidung als „allgemeines Gesetz“ akzeptiert wird, also die Entscheidung, Menschen für einen höheren Zweck tot zu machen, dann hätten wird eine Situation, in der Folter (Abu Graib) und schnelle Tötung Verdächtiger (Oberst Klein in Kundus) wieder Gesetz würden. (Hat nicht einst zu böser Zeit die Ermordung von 6 Millionen Juden dazu gedient, die Welt vor der Vernichtung durch eine jüdische Weltverschwörung zu retten?)
Das Luftsicherheitsgesetz vom 11.1.2005, das Flugzeugentführungen, terroristische Anschläge auf den Luftverkehr und Sabotageakte gegen ihn verhindern und dadurch die Luftsicherheit erhöhen sollte, und einen Abschuss von Terrorflugzeugen mit Passagieren an Bord zuließ, wurde am 15. 2. 2006 vom Bundesverfassungsgericht gekippt, weil § 14 Abs. 3 LuftSiG gegen das Grundrecht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz) und gegen die Menschenwürde (Art. 1 GG) verstieß und deshalb insoweit verfassungswidrig und nichtig war.
Das war eine Glanzstunde des Bundesverfassungsgerichts.
Sollte durch diesen grässlichen Propagandafilm die Stimmung geschaffen werden für einen neuen Versuch, Krieg im eignen Land möglich zu machen? 86,9 % sind bereit.