Populismus

Comicmenschen
JOTZO JÜRGEN / pixelio.de

 

(Nach dem Artikel von Bernd Stegemann „Der liberale Populismus und seine Feinde“ in „Blätter für deutsche und internationale Politik“, April 2017)

Stegemann weist auf den verkürzten Gebrauch des Begriffs „Populismus“ hin. Er gelte erstens als Verkürzung eines komplexen Sachverhalts und zweites als Kennzeichnung rechter und rechtsextremer Anschauungen. Er zitiert Jan-Werner Müller, für den eine Aussage populistisch ist, wenn sie weder demokratisch noch wissenschaftliche begründet ist, sondern sich aus einem vermeintlichen Volkswillen ableitet. Stegemann erweitert die Grundlage: Populismus könne sich auch auf die Marktlogik berufen. Er unterscheidet: den autoritären Populismus, den Rechtspopulismus, den liberalen Populismus und den Linkspopulismus.

  1. Der autoritäre Populismus basiert auf den vermeintlich positiven Zielen eines „guten“ Diktators.
  2. Der rechte Populismus basiert auf dem Volkswillen und der Ablehnung von inneren und äußeren Feinden. Er verbindet antibürgerlichen Protest mit Nationalismus und Rassismus.
  3. Der liberale Populismus hat den Schutz des Eigentums und die freie Entfaltung des Kapitals zur Grundlage. Eigentum sei Belohnung für die persönliche Leistung des Kapitalisten.
  4. Der Linkspopulismus sollte die Widersprüche der anderen Populismen aufdecken, den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit verdeutlichen und ein Klassenbewusstsein fördern, das Solidarität und Gleichheit zum Ziel hat.

Stegemann sieht bei den Linken einen Mangel, der darin besteht, dass sie den anderen Populismen das Feld überlassen, statt deutlich zu machen, die soziale Widersprüche nicht als „naturgegebene Grenzen zwischen Völkern, Rassen und Menschen erklärt, sondern als Folge der ökonomischen Verhältnisse“ gesehen werden müssen. „Nicht die Eliten stehen im Gegensatz zum Volk, sondern die Interessen des Kapitals“ gegen die der Ausgebeuteten. Statt dessen bedienen sich Linke häufig rechter Vokabeln, vgl. die „deutschen Arbeiter“ bei Wagenknecht.

Erfreulich ist in dem Aufsatz die Kennzeichnung der liberalen Ideologie als Populismus, der weit mächtiger wirkt als der rechte Populismus. (Meine Vermutung: Während völkische Ideologie bei vielleicht 40%-60% der Deutschen wirksam ist, dürfte die Marktordnung und ihre Gesetze bei 95% der Deutschen als naturgegeben akzeptiert sein.) „Obwohl jeder die Ungleichheit in allen Bereichen der Gesellschaft sieht, hat es die neoliberale Ideologie geschafft, den Egoismus des Eigentümers zur allgemeinen Vernunft zu erklären… Diese Meisterleistung bei der Verschiebung des Schemas, das die Rechte des Einzelnen stärkt, macht bis heute den Kern der kapitalistischen Erzählung aus.“

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